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Initiative des VID zur Beibehaltung der Insolvenzgeldvorfinanzierung
Wird ein Arbeitgeber zahlungsunfähig oder ist überschuldet und kann deshalb die Gehälter der Arbeitnehmer nicht oder nicht vollständig auszahlen, übernimmt die Agentur für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen die Entgeltansprüche der Angestellten. Das so genannte Insolvenzgeld wird für einen Zeitraum von maximal drei Monaten an die betroffenen Arbeitnehmer ausgezahlt. Die gesetzliche Grundlage bildet das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), insbesondere die §§ 165 bis 171 SGB III. Die Regelung soll einerseits den insolventen Arbeitgeber entlasten und Chancen zur Unternehmenssanierung eröffnen, andererseits die Mitarbeitermotivation durch den Schutz vor plötzlichem Lohnausfall erhalten. Finanziert wird das Insolvenzgeld lt. § 358 SGB III durch eine arbeitgeberfinanzierte Umlage.
Der Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) hat sich nun mit Schreiben von Anfang Oktober unter anderem an die Bundesministerien für Arbeit und Soziales sowie Justiz und Verbraucherschutz gewandt. Anlass sind aktuelle Initiativen zur Abschaffung der Insolvenzgeldvorfinanzierung. Diese Vorfinanzierung des Insolvenzgelds wird in diesem Zusammenhang als Subventionierung insolventer Unternehmen bezeichnet, Kritiker führen Fälle an, in denen vermeintlich sanierte Unternehmen innerhalb weniger Jahre erneut Insolvenzantrag stellen mussten.
Der VID plädiert für den Erhalt des Instruments, das sich nach Auffassung des Verbands in jahrzehntelanger Praxis bewährt hat und den Schutz von Arbeitnehmern mit der Stabilisierung betroffener Unternehmen verbindet - dies sei unverzichtbar zur Bewahrung von Sanierungsperspektiven von Unternehmen in solchen Krisensituationen. Insbesondere wird angeführt, dass es sich beim Insolvenzgeld im Gegensatz zur Darstellung der Kritiker nicht um eine Subventionierung insolventer Unternehmen handelt. Das Insolvenzgeld dient der sozialen Absicherung der Arbeitnehmer nach einer Insolvenz des Arbeitgebers und fällt somit nicht unter die Definition der staatlichen Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Es wird zwar durch die Agentur für Arbeit ausgezahlt, der VID verweist jedoch auf die arbeitgeberseitige Umlagefinanzierung.
Allerdings entsteht der Anspruch auf das Insolvenzgeld erst, nachdem das Insolvenzgericht über den Insolvenzantrag entschieden hat. So müssten Arbeitnehmer in der Regel mehrere Monate auf die Auszahlung warten. Müssten Betriebe jedoch mangels Vorfinanzierung des Insolvenzgelds unmittelbar stillgelegt werden, würde sich daraus gerade keine wirtschaftliche Entlastung öffentlicher Kassen ergeben. Freigesetzte Arbeitnehmer würden Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen, und das auch über den Insolvenzgeldzeitraum hinaus, wenn sie keinen neuen Arbeitsplatz finden. Ermöglicht die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds hingegen den Unternehmenserhalt, entfallen diese Zahlungen.
Der Verband widerspricht auch der Argumentation im Hinblick auf mehrfache Insolvenzanträge innerhalb weniger Jahre - der in solchen Fällen erfolgte Sanierungsversuch sei schließlich durch die Mehrheit der Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzplans oder einer übertragenden Sanierung mitgetragen worden und vor allem durch deren Forderungsverzichte mitbezahlt worden.
Die von den Kritikern als Alternative vorgeschlagenen Massedarlehen als staatliche Unterstützung könnten die Insolvenzgeldvorfinanzierung zudem nicht ersetzen. Einerseits würde dieses Vorgehen den Staatshaushalt belasten, andererseits wäre diese staatliche Beihilfe an die Regelungen des europäischen Beihilferechts gebunden, welches Darlehen an Unternehmen in Schwierigkeiten grundsätzlich verbietet. Eine Unterstützung der betroffenen Arbeitnehmer, wie sie im Rahmen von Insolvenzverfahren selbstverständlich geworden ist, wäre unter diesen Vorzeichen lt. Auffassung des Verbands nicht zu leisten. Zudem weist der VID darauf hin, dass das Insolvenzgeld keine deutsche Besonderheit sei, diverse europäische Rechtsordnungen verfügen über ähnliche Schutzmechanismen für Arbeitnehmer.
Der Verband appelliert an die Ministerien, Vorschläge zur Abschaffung des Insolvenzgelds und seiner Vorfinanzierung zurückzuweisen und bietet sich für weitere Informationen als Gesprächspartner an.
Quellenhinweis:
Deutscher Bundestag, Sicherung der Vorfinanzierung von Insolvenzgeld zur Arbeitsplatz- und Unternehmensstabilisierung

