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Stellungnahmen zum geplanten Gesetz zu schnelleren Entscheidungen in Massenverfahren durch den Bundesgerichtshof

Bei so genannten Massenverfahren handelt es sich um eine Vielzahl identisch oder ähnlicher Fälle mit einer großen Anzahl betroffener Verbraucherinnen oder Verbraucher. Im Juni veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahren. Das erklärte Ziel besteht darin, die Justiz in solchen Fällen zu entlasten und schneller Rechtssicherheit zu schaffen. Bisher warten die Fachgerichte lange auf höchstrichterliche Urteile, die Orientierung bieten können, denn diese entscheiden erst, wenn der Instanzenzug komplett durchlaufen ist.

Um diesen Weg abzukürzen, soll es dem Bundesgerichtshof (BGH) zukünftig erleichtert werden, grundsätzliche Rechtsfragen zu entscheiden, die sich in solchen Massenverfahren in gleicher Weise stellen. Lt. Referentenentwurf soll der BGH zukünftig aus anhängigen Revisionen ein Verfahren zur Entscheidung auswählen können. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärte dazu:

„Flugverspätungen, unzulässige Kontogebühren, mangelhafte Produktserien – solche Vorfälle betreffen schnell viele tausend Kunden, die zu viel gezahltes Geld zurückhaben wollen. Die daraus entstehenden Massenverfahren, in denen sich meist dieselben grundsätzlichen Rechtsfragen stellen, sind eine Herausforderung für die Justiz. Die Einführung von Leitentscheidungen, in denen sich der Bundesgerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen zu grundsätzlichen Rechtsfragen äußern kann, ist ein weiterer wichtiger Baustein, um solche Verfahren in Zukunft noch effizienter erledigen zu können. Das ist gut für Verbraucherinnen und Verbraucher - und entlastet zugleich die Justiz.“

Die Pläne des Justizministers würden eine entscheidende Neuerung bringen: der BGH könnte - anders als nach bisheriger Rechtslage - auch dann eine Entscheidung treffen, wenn etwa eine Revision zurückgenommen wird oder sich ein Verfahren anderweitig erledigt.

Derzeit nehmen betroffene Interessengruppen Stellung zum Gesetzentwurf, so hat der Deutsche Richterbund (DRB) sich bereits geäußert und fordert eine Überarbeitung des Entwurfs, der nach Auffassung der Verfasser der Stellungnahme nicht geeignet sei, die Zivilgerichte spürbar zu entlasten. Die Hauptforderung besteht darin, den Instanzgerichten zu ermöglichen, dem BGH Verfahren zur Leitentscheidung vorzulegen.

Der Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID) hat zwischenzeitlich ebenfalls eine Stellungnahme veröffentlicht, legt dabei das Augenmerk auch auf mögliche Auswirkungen auf Insolvenzverfahren und hält eine Klarstellung für erforderlich – es bedürfe einer eindeutigen Formulierung, ob der Entwurf ausschließlich auf den Verbraucherschutz oder einen breiteren Anwendungsbereich abziele. Dies sei notwendig, da die Einordnung eines Insolvenzverwalters als Verbraucher ungeklärt ist.

Quellenhinweise:
Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung Nr. 38/2023, 14. Juni 2023: Schnellere Entscheidungen des BGH in Massenverfahren

Deutscher Richterbund, Bund der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte e.V. (DRB), Stellungnahmen #17/2023 vom 03.07.2023: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Gesetzentwurf zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof

Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID), Stellungnahme, 14.07.2023: RefE Leitentscheidungsverfahren, Stellungnahme des VID - Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof