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Insolvenzrecht: Ministerrat einigt sich auf Maßnahmen zur EU-weiten Harmoniserung

Nachdem sich die Europäische Kommission zu Beginn der neuen Legislaturperiode konstituiert hat, hat der Rat der Justizminister nun das Verfahren zur Vereinheitlichung der nationalen Insolvenzregelungen wieder aufgenommen und eine so genannte partielle allgemeine Ausrichtung zur Harmonisierung des Insolvenzrechts beschlossen. Die Initiative ist Teil des Aktionsplans zur Vertiefung der Kapitalmarktunion und basiert auf den Vorschlägen der Vorgängerkommission für eine Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts vom Dezember 2022, wir berichteten seinerzeit.

Die Angleichung der nationalen Vorschriften soll die Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen in der EU beseitigen. Derzeit müssen Investoren 27 verschiedene Insolvenzregelungen analysieren und bei ihren Investitionsplänen berücksichtigen. In seiner Pressemitteilung fasst der Ministerrat die wesentlichen Ziele des Verfahrens zusammen.: „Die wichtigsten Elemente des Vorschlags bestehen darin, sicherzustellen, dass Gläubiger den größtmöglichen Wert von dem liquidierten Unternehmen zurückerlangen können und die Effizienz der Insolvenzverfahren sowie die Berechenbarkeit und gerechte Verteilung des zurückerlangten Werts unter den Gläubigern verbessert werden.“

Wie der Rat mitteilt, beschränken sich die Beschlüsse zunächst auf Maßnahmen zur Erhaltung der Insolvenzmasse, Pflichten der Unternehmensleitung im Insolvenzfall sowie Transparenzpflichten. Die wichtigsten Elemente des jetzigen Beschlusses umfassen

  • EU-weit einheitliche Mindestvorschriften zu Anfechtungsklagen, die Schuldner daran hindern, die Entschädigung zu verringern, die Gläubiger nach der Insolvenz eines Unternehmens erhalten können.
  • Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, zuständige Stellen zu benennen, die befugt sind, auf die nationalen zentralen Kontenregister aller Mitgliedstaaten zuzugreifen und diese abzufragen, um Vermögenswerte ausfindig zu machen, die zur Insolvenzmasse gehören oder gehören könnten.
  • Die nationalen Vorschriften über die Pflichten der Unternehmensleitung zur rechtzeitigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens werden angeglichen. Der Rat stellt sicher, dass die Unternehmensleitung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis einer finanziellen Notlage einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen muss.
  • Im Rahmen von Transparenzmaßnahmen werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein Merkblatt mit praktischen Informationen über die wichtigsten Merkmale ihres nationalen Insolvenzrechts zu erstellen.

Fachverbände und der Bundesrat hatten die Initiative seinerzeit grundsätzlich begrüßt, sich aber übereinstimmend kritisch zu Teilen der Pläne geäußert. Wesentliche Kritikpunkte waren die Vorschläge zur Ausgestaltung des „Pre-Pack-Verfahrens“ und zur „Liquidation insolventer Kleinstunternehmen“. Über die Stellungnahmen verschiedener Fachverbände und des Bundesrates haben wir damals berichtet:

  • Stellungnahmen zum Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechts, News vom 6.3.2023
  • Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechts - Weitere Stellungnahmen, News vom 13.3.2023
  • Stellungnahme des Bundesrats zur geplanten EU-weiten Harmonisierung des Insolvenzrechts, News vom 26.4.2023

Erfreulich ist, dass die Stimmen der Experten Gehör gefunden haben, der Ministerratsbeschluss klammert in seiner jetzigen Fassung die wesentlichen Kritikpunkte vorerst aus.

Das Verfahren wird unter dem polnischen Ratsvorsitz weitergeführt, der Ministerrat erklärt, dass die Verhandlungen auf Expertenebene fortgesetzt werden sollen. Bei der Thematik der Kleinstunternehmen ist mit einer engeren Definition der betroffenen Unternehmen zu rechnen, zudem wird sich der standardmäßig vorgesehene Verzicht auf einen Insolvenzverwalter wohl nicht durchsetzen.

Quellenhinweis:
Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung, 13. Dezember 2024: Insolvenzrecht: Rat legt Standpunkt zu den wichtigsten Rechtsvorschriften für die Kapitalmarktunion fest