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Insolvenzgeschehen im ersten Halbjahr 2024
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erreichte in den ersten sechs Monaten laut dem von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform vorgelegten Halbjahresbericht einen Höchststand seit beinah zehn Jahren. Von 8.470 registrierten Insolvenzen im Vorjahreszeitraum ist die Zahl der Fälle auf 11.000 angestiegen - ein Anstieg um fast 30 Prozent und der höchste Stand seit 2016. Betroffen sind alle Wirtschaftsbereiche branchenübergreifend mit ca. 20 Prozent im Handel bis hin zu knapp 35 Prozent im Dienstleistungssektor, auch im Baugewerbe war der Anstieg mit 27,5 Prozent noch einmal größer als im Vorjahr. Während die Trendwende sich auch bei den kleinen Unternehmen bemerkbar macht, sind gerade mittlere und größere Unternehmen überdurchschnittlich betroffen. Hier liegen die Insolvenzzahlen deutlich über dem Vor-Corona-Niveau von 2018/2019.
Auch wenn die Entwicklung in den Wirtschaftsbereichen unterschiedlich verläuft und die Ursachen teils branchenspezifisch sind, ist der Anstieg in der Breite auf gesamtwirtschaftliche Herausforderungen zurückzuführen - geopolitische Spannungen, gestiegene Finanzierungskosten aufgrund des immer noch hohen Zinsniveaus, Fachkräftemangel und steigende Personalkosten sowie weiterhin hohe Energiepreise ergeben ein insgesamt problematisches Umfeld, sodass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahresverlauf weiter zunehmen dürfte, prognostiziert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung: „Die Unternehmensstabilität in Deutschland ist derzeit so wacklig wie seit vielen Jahren nicht mehr“.
Detailbetrachtung im Halbjahresverlauf
Der aktuelle Insolvenztrend des Leibniz Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) betrachtet den Verlauf im ersten Halbjahr monatsweise, hier zeigt sich ein Anstieg in den ersten vier Monaten mit Höchststand im April, aber - jeweils bezogen auf den Vormonat - eine sinkende Tendenz für die Monate Mai und Juni. Für den weiteren Jahresverlauf ergibt sich jedoch keine klare Prognose, da die vom IWH erhobenen Frühindikatoren zwar im Mai erneut angestiegen, im Juni aber gesunken waren. Steffen Müller, Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung rechnet für den Juli mit einem leichten Anstieg, danach zeichne sich noch kein klarer Trend ab.
Endgültige Zahlen für den April liefert heute auch das Statistische Bundesamt, danach meldeten die Gerichte mit 1.906 beantragten Unternehmensinsolvenzen einen Wert, der 33,5 Prozent über dem Vorjahresmonat lag. Die vorläufigen Zahlen für Mai und Juni zeigen einen Anstieg von 25,9 bzw. 6,3 Prozent, jeweils verglichen mit dem Vorjahresmonat. Damit lag der Zuwachs im Juni erstmals im laufenden Jahr wieder im einstelligen Bereich. Auch wenn diese Zahlen noch mit Vorsicht zu betrachten sind, würden sie doch den vom IWH ermittelten Trend bestätigen.
Dr. Holger-René Bruckhoff verweist zusätzlich auf die Erkenntnisse einer Studie der Wirtschaftsberatung Falkensteg, die sich mit Insolvenzen und Restrukturierungschancen bei Großunternehmen beschäftigt. Die Macher der Studie verweisen auf einen Anstieg der Insolvenzen von Unternehmen mit Umsatz über 10 Mio. Euro bei gleichzeitig sinkender Erfolgsquote bei Sanierungsversuchen: „Risiken aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage und hohe Finanzierungskosten stellen auch aus unserer Sicht eine deutliche Erschwernis bei der Suche nach Käufern und Investoren dar und gefährden auch die Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen mit ansonsten guter Perspektive. Ein entscheidender Faktor ist die zur Verfügung stehende Zeit - frühzeitig kompetente Beratung einzuholen ist angesichts der komplizierten Lage wichtiger denn je.“.
Quellenhinweise:
Creditreform, Pressemeldung vom 24. Juni 2024: Insolvenzen in Deutschland, 1. Halbjahr 2024
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Pressemitteilung 22/2024: IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten geht im Juni erneut zurück
Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 270 vom 12. Juli 2024
Falkensteg Holding GmbH & Co. KG, FalkenSteg in den Medien v. 9.7.2024, Handelsblatt: Zahl der Firmenpleiten ist höher als befürchtet