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Bundesfinanzhof-Beschluss zur Behandlung von Umsatzsteuer-Vergütungsansprüchen aus vorläufigem Insolvenzverfahren
Ein Ende März veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs (XI R 1/22 vom 11.12.2024) klärt Rechtsfragen zur Aufrechnung von Umsatzsteuererstattungsansprüchen und -forderungen aus dem Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens.
Kläger und Revisionskläger war der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen mit dem Geschäftszweck des Betriebs und der Verwaltung von Windkraftanlagen. Beklagte und Revisionsbeklagte war das zuständige Finanzamt. Das beklagte Finanzamt hatte die Umsatzsteuer für das Jahr 2015 zunächst auf Basis geschätzter Besteuerungsgrundlagen festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wandte sich der Kläger mit einer Umsatzsteuererklärung und einer detaillierten Aufstellung der Umsätze und Vorsteuerbeträge. Diese Aufstellung gliederte sich in die drei Zeiträume vor der Insolvenz, während des vorläufigen Insolvenzverfahrens und während des Insolvenzverfahrens.
Das Finanzamt erließ daraufhin einen Umsatzsteueränderungsbescheid für das betreffende Jahr, der Saldo aus der Zeit des vorläufigen Insolvenzverfahrens wurde darin nicht berücksichtigt. Der Kläger stellte einen Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids, da er der Auffassung war, dass der Betrag aus der Zeit des vorläufigen Insolvenzverfahrens mit der Umsatzsteuer der Insolvenzmasse zu verrechnen sei. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab. Der Insolvenzverwalter legte Einspruch ein, den das Finanzamt als unbegründet zurückwies.
Der Insolvenzverwalter klagte daraufhin und verfolgte weiter das Ziel seines Antrags auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids, streitig war, ob das im vorläufigen Insolvenzverfahren entstandene Umsatzsteuerguthaben nach § 55 Abs. 4 InsO zur Insolvenzmasse gehört oder dem Insolvenzbereich des § 38 InsO zuzuordnen ist. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die Klage ab: das Finanzamt habe zu Recht eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO auf Steuerforderungen aus der Zeit eines vorläufigen Insolvenzverfahrens abgelehnt.
Die durch den Kläger beantragte Revision hielt der Bundesfinanzhof nun für unbegründet, das Finanzgericht habe zu Recht abgelehnt, das Finanzamt zur Änderung des Umsatzsteuerbescheids von 2015 zu verpflichten: ein Vergütungsanspruch aus dem vorläufigen Insolvenzverfahren ist nicht in die Steuerberechnung der Insolvenzmasse einzubeziehen, sondern geht in die Steuerberechnung des vorinsolvenzlichen Bereichs ein und wird dort saldiert, ohne dass der § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO der Vorgehensweise entgegen stünde.
Auch § 55 Abs. 4 InsO ordnet keine hiervon abweichende Einbeziehung des sich für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens ergebenden Umsatzsteuer-Vergütungsanspruchs in die Steuerberechnung der Insolvenzmasse an. Eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO auf den sich für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens ergebenden Umsatzsteuer-Vergütungsanspruch scheidet mangels Regelungslücke ebenfalls aus.
Darüber hinaus ging es um die Frage, ob es europäischem Unionsrecht oder Verfassungsrecht entgegensteht, wenn ein Umsatzsteuer-Vergütungsanspruch, der sich für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens ergibt, nicht in die Steuerberechnung der Insolvenzmasse einbezogen wird. Der Bundesfinanzhof verneinte in seinem Beschluss beides und sah keinen Widerspruch zu den geltenden Normen.
Quellenhinweise:
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.12.2024, XI R 1/22
Landesrecht Rheinland-Pfalz, Finanzgericht Rheinland-Pfalz 6. Senat, Gerichtsbescheid vom 6.12.2012, 6 K 2185/20